Inhalt
Als Brian Fargo, seines Zeichens Mitgründer von inXile Entertainment, kürzlich auf der PAX South „The Bard’s Tale 4“ ankündigte, glaubte ich meinen Ohren nicht zu trauen. Als alter RPG-Veteran war die überaus erfolgreiche Bard’s Tale-Reihe sozusagen meine Einstiegsdroge in die Welt der Computer-Rollenspiele. Grund genug für mich, der Sache auf den Grund zu gehen.
Als wäre es gestern gewesen
In meinem Leben habe ich schon sehr viele gute Rollenspiele gespielt. Die Bard’s Tale Trilogie ist jedoch ein absoluter Meilenstein für mich und die Erinnerungen an meine Kindheit bzw. Jugend, in der die Trilogie absolut prägend für mich war, sind geradezu greifbar. Im fast dunklen Zimmer, nur bei Kerzenschein sitzend starrte ich gebannt auf den Monitor. Das Rattern des Diskettenlaufwerks klingt noch heute in meinen Ohren. Das Geräusch, welches wie kein anderes Tod und Verderben für meine 6-köpfige Party bedeuten konnte. Ohne die Möglichkeit, das Spiel außerhalb der Taverne speichern zu können, war man den Gefahren des Spiels mehr oder weniger hilflos ausgeliefert. Tödliche Monster, von Untoten über Golems und 396 Berserker bis hin zu Drachen in den verschiedensten Farben, Bereiche absoluter Finsternis, die weder Fackeln noch Magie zu erhellen vermochten, mit zahlreichen Fallen gespickte endlose Korridore in tiefsten Katakomben bis hin zu unheimlichen Schlössern und Magiertürmen, Dreh- und Teleportationsfelder, Antimagie und noch vieles mehr sorgten das ein oder andere Mal für ein vorzeitiges Ableben meiner lieb gewonnenen Heldentruppe.
Mit Bleistift und Papier bewaffnet saß ich Abend um Abend da, zeichnete meine Karten mangels Automapping selber, kritzelte teils unleserliche Notizen zu Hinweisen im Spiel auf kleine Zettel und lernte dutzende Zauberformeln auswendig, welche aus 4-stelligen Buchstabenkombinationen bestanden und mühevoll per Tastatur eingegeben werden mussten. TRZP (Trap Zap), YMCA (Ybarra’s Mystical Coat of Armor), REST (Restoration), DEST (Deathstrike) und MIBL (Mangar’s Mind Blade) sowie andere Zauber waren mir stets treue Begleiter.
Doch all das konnte mich nicht aufhalten. Beschwingt durch den Barden der Gruppe, welcher fröhlich musizierend „The Seeker’s Ballad“ und andere wohlklingende Titel zum Besten gab, schlachtete ich endlose Horden niederträchtigster Feinde ab, bis meine Reise mich schließlich zum Oberschurken des Spiels führte. Der abgrundtief böse Magier Mangar hielt mit seiner Magie das kleine mittelalterliche Städtchen Skara Brae in einem ewig währenden Winter. Umso größer war die Freude, nach einer gefühlten Unendlichkeit vor ihm zu stehen und über ihn zu richten. Natürlich nicht, ohne noch einmal die Hälfte meiner Gruppe sterben zu sehen. Aber das Gefühl des Triumphs werde ich nie vergessen. Und heute, mehr als 25 Jahre nach diesem Erlebnis, besitze ich noch immer meine Notizen und Karten von damals und kann mich gut an die Zaubersprüche erinnern. Die Erinnerungen sind nicht verblasst.
Die Geschichte der Bard’s Tale Serie
1985 erschien unter der Leitung von Michael Cranford der erste Teil der überraschend erfolgreichen The Bard’s Tale Serie unter dem Titel „The Bard’s Tale – Tales of the Unknown“, welcher durch Interplay Productions entwickelt wurde. Nach Angaben von Brian Fargo sollte die Serie ursprünglich unter dem Begriff „Tales of the Unknown“ das Licht der Welt erblicken – mit dem Untertitel „The Bard’s Tale“. Der Untertitel erfreute sich jedoch großer Beliebtheit und galt fortan als Namensgeber der Serie. Nicht zuletzt deswegen, weil der Barde unzweifelhaft den wichtigsten Charakter im Spiel darstellte, ohne den ein Überleben in der Welt rund um das fiktive Städtchen Skara Brae unmöglich war. „The Bard’s Tale – Tales of the Unknown“ vereinte dabei zahlreiche Elemente aus dem Pen & Paper Universum von „Dungeons & Dragons“ sowie altertümliche und kirchliche Bezüge und orientierte sich an Spieletiteln wie Wizardry und Ultima, die zu diesem Zeitpunkt bereits feste Größen in der Spielebranche waren. Zusammen mit seinem Jugendfreund Fargo, welcher zu diesem Zeitpunkt als Chef von Interplay die Geschicke der Firma lenkte, entwickelte Cranford einen Meilenstein der Spieleindustrie, welcher durch seine zahlreichen Facetten brillierte und Fans wie Kritiker gleichermaßen in seinen Bann zog. Beflügelt durch den Erfolg des ersten Teils erschien 1986 der Nachfolger unter dem Titel „The Bard’s Tale – The Destiny Knight“, welcher an die Erfolge des Vorgängers anknüpfen konnte. Cranford verließ wenige Zeit später die Spieleindustrie und Fargo übernahm die Leitung der Entwicklung zum dritten und letzten Teil. Dieser erschien 1988 unter dem Namen „The Bard’s Tale – The Thief of Fate“.
Suche nach einem würdigen Thronfolger
„Dragon Wars“, welches ebenfalls durch Interplay entwickelt wurde und 1989 erschien, gilt bis heute als inoffizieller Nachfolger zur Bard’s Tale Serie. Unter Verwendung der Bard’s Tale Engine wurde das Spieldesign komplett überarbeitet, so dass neben einer stark veränderten Story auch zahlreiche Spielelemente zum Einsatz kamen, die mit der ursprünglichen Serie nichts gemein hatten. Aufgrund dieser Entwicklung sowie der Tatsache, das sich alle Namensrechte zu „The Bard’s Tale“ im Besitz von Electronic Arts befanden, wurde der Arbeitstitel „Bard’s Tale 4“ verworfen und „Dragon Wars“ als eigenständiges Produkt etabliert. Obwohl sich beide Serien ähnelten – immerhin konnte man in Dragon Wars seine Heldentruppe aus The Bard’s Tale importieren – war der vermeintliche Nachfolger nur mäßig erfolgreich und wurde infolgedessen nach dem ersten Teil eingestellt.
Auch Electronic Arts arbeitete Anfang der 90er Jahre an The Bard’s Tale 4 und erste Meldungen darüber tauchten kurze Zeit später in diversen Spielemagazinen auf. Aus unbekannten Gründen wurde das Projekt jedoch nie fertig gestellt. Im Jahr 2005 veröffentlichte inXile Entertainment einen neuen Ableger unter dem Titel „The Bard’s Tale“. Obwohl die Namensrechte weiterhin bei Electronic Arts lagen, war dem Team um Fargo durch eine Vertragslücke die Verwendung des erfolgsträchtigen Namens möglich. Das Spiel erinnerte allerdings nur entfernt an die alten Klassiker der 80er Jahre und war mehr als humoristischer Spin-off zu verstehen, welcher sich selbst und diverse andere Spiele auf die Schippe nahm.
The Bard’s Tale 4 wird Realität
Als Brian Fargo nun also im Januar 2015 auf der PAX South, im Jahr des 30. Geburtstags der Serie, mit The Bard’s Tale 4 einen offiziellen Nachfolger in Aussicht stellte, welcher sich tatsächlich nah am Original der Serie orientieren soll, war meine Freude unbeschreiblich.
Er wies darauf hin, dass insbesondere audio-visuelle Verbesserungen und Anpassungen an die heutigen Anforderungen für Bard’s Tale 4 unabdingbar seien. Einige Stilelemente der Bard’s Tale Reihe, wie z.B. die Steuerung und das UI, seien ebenfalls nicht mehr zeitgemäß. Dennoch soll das Spiel ein echt harter Brocken werden und nicht nur Fans der Serie sondern auch Einsteiger ins Genre begeistern. Nähere Informationen wurden jedoch nicht genannt. Denkbar wären hier bspw. verschiedene Schwierigkeitsgrade und knackigere Rätsel.
Das dem inXile-Team eine Wiederbelebung alter Klassiker mehr als zuzutrauen ist, bewiesen die Kalifornier bereits eindrucksvoll mit Wasteland 2. Wer sich über die Entwicklung von The Bard’s Tale 4 informieren und aktiv mitwirken möchte, kann dies im offiziellen Forum von inXile machen.